Deutsch-Konversationskurs von und für LGBT*I*Q*- Migrant*innen und Geflüchtete – Eine Kooperation von Sub und LeTRa

Im Mai 2012 war es nach einer Planungsphase von fast einem Jahr endlich soweit. Der erste Abend des Deutsch-Konversationskurses fand mit 15 Teilnehmer:innen statt. Dem dafür von LeTRa und Sub gemeinsam entwickelte Konzept lag folgende Idee zugrunde.

In einem Sprachkurs, der sich an lesbische, schwule, bisexuelle, trans* und inter* Menschen mit Migrationsgeschichte bzw. Fluchterfahrung richtet, sollen die Teilnehmer:innen die Möglichkeit haben, sich gegenseitig kennenzulernen und zu vernetzen. In einer geschützten und angenehmen Atmosphäre lernen sie zudem den Wortschatz und die Themen der LSBT*T*Q*-Subkultur kennen und üben gemeinsam, Deutsch zu sprechen. Durch die im Deutschkurs erworbenen Fähigkeiten soll ihnen der Zugang zu den vorhandenen Freizeit- und Selbsthilfe-Angeboten erleichtert werden.

Mit diesen konzeptionellen Gedanken planten und organisierten Melina Meyer (LeTRa Lesbenberatung), Sascha Hübner (Sub-Beratungsstelle), und Michi Plass (Sub-Zentrum) das spannende Kooperationsprojekt. 2019 wurde Andreas Langhammer als Nachfolger von Michael Plaß begrüßt.

 

Im Laufe der weiteren Konzeptarbeit kristallisierten sich folgende Zielrichtungen für den Konversationskurs heraus:

  • Verbesserung von Wortschatz und Grammatik in deutscher Sprache
  • Üben von allgemeiner deutscher Konversation
  • Informationsvermittlung über Besonderheiten der deutschen LGBT*I*Q*-Szene und die Angebote der Münchner Community
  • Anregung eines interkulturellen queeren Dialoges
  • Schaffung sozialer Netzwerke unter den Teilnehmer:innen

Unteranderem wurden folgende Themen in den Kursen behandelt:

  • Coming-Out
  • Rassistische Vorurteile und Vorkommnisse in Deutschland
  • Essen und Trinken im Heimatland
  • Vorurteile gegenüber Lesben und Schwulen
  • HIV-Prävention
  • Prominente Lesben, Schwule und Transpersonen in Deutschland und im Heimatland
  • Ausbildung und Berufe der Teilnehmer:innen
  • Was bedeutet für uns Kultur?
  • Der „typische“ Schwule, die „typische“ Lesbe
  • Regenbogenfamiilien
  • Rechtliche und soziale Situation von LGBT*I*Q* im Heimatland und in Deutschland

 

Den Kurs ergänzten Szenespaziergängen zu LSBT*I*Q Einrichtungen, Fragestunden bei Mitarbeiter:innen von Sub und LeTRa sowie Stadtrundgänge zu den Lieblingsplätzen der Teilnehmer:innen.

Nach dem ersten Kurs 2012 haben zwei Teilnehmerinnen und die Lehrer:innen uns Rückmeldung gegeben:

Bericht zweier Teilnehmerinnen des 1. Moduls

„Es hat uns unglaublich Spaß gemacht an dem Deutschkurs teilzunehmen. Die Idee ein Deutschkurs für Ausländer zu machen fanden wir von Anfang an sehr gut! Es ist genau was wir brauchen. Nicht nur Grammatik üben (wie bei andere Sprachkurse) sondern ein Kurs in dem wir mehr reden, in dem wir uns tauschen oder über die Brauche in unsere Länder sprechen können. Also miteinander und voneinander zu lernen! Ideal fanden wir auch dass man bei organisieren des Kurses mitmachen dürfte, dass unsere Wünsche (ob es Grammatik üben, oder Wortschatz, oder Redewendungen und vieles mehr) immer wahr genommen und durchgesetzt wurden. Für uns war auch die gesamte „Szene“ (wenn wir das nennen dürfen) unbekannt. Wir haben uns bisher niergendwo geoutet, also uns hat es viel Überwindung gekostet bei der erste Kurs dabei zu sein. Wie werden die Lehrerinnen und Lehrer sein oder die andere Teilnehmer? Aus welchem Land? Wie werden die anderen uns sehen? Das waren nur ein paar von den vielen Fragen die uns durch den Kopf gegangen sind. Aber nach ein paar Stunden waren alle Sorgen vergessen. Die Lehrerinnen und Lehrer waren sehr nett, sehr gut vorbereitet und haben immer gewusst wie sie uns weiterhelfen können dass wir mehr Selbstvertrauen gewinnen um öfter (und besser) auf Deutsch zu sprechen. Wir haben uns sehr gut verstanden und seitdem unternehmen wir viel mit der Gruppe zusammen (auch auserhalb der Kurs). Am Ende haben wir also nicht nur Selbstvertrauen und Deutschkenntnisse, sondern auch Freunde gewonnen.

(verfasst von zwei Teilnehmerinnen aus Rumänien)

Bericht der Lehrer:innen über die ersten Kurse:

Am 7. Mai 2012 startete das neue Projekt von Sub & Letra: ein schwullesbischer Konversationskurs für Flüchtlinge und MigrantInnen. Die Aufregung war auf beiden Seiten groß, wusste doch niemand so recht, was auf ihn zukam. Das Konzept kann man durchaus als innovativ bezeichnen, denn der Unterricht wurde immer von einem schwulen Lehrer und einer lesbischen Lehrerin im Team bestritten. Alle männlichen Lehrer haben selbst Migrationshintergrund und Deutsch als Fremdsprache gelernt bzw. studiert. Die Lehrerinnen hingegen sind allesamt Muttersprachlerinnen mit langjähriger beruflicher Erfahrung im schulischen und universitären Sprachunterricht im In- und Ausland.

Der Kurs fand zweimal die Woche statt, jeweils montags und donnerstags, wobei die Lehrerteams immer durchgemischt wurden. Von Anfang an stieß der Kurs auf sehr großes Interesse, leider mussten aber ca. 3 TeilnehmerInnen ohne grundlegende Deutschkenntnisse auf Sprachlernkurse an der VHS oder anderen Sprachschulen verwiesen werden. Es waren im Verlauf im Schnitt immer ca. 10 SchülerInnen anwesend. Da es sich um einen Konversationskurs handelte, hatten wir im Vorfeld ausschließlich Diskussionsthemen vorbereitet. Wir bemerkten aber ziemlich schnell, dass auch ein klassischer Sprachunterricht, d.h. Grammatik- und Wortschatzarbeit, gewünscht (und z.T. auch nötig) war. Also kombinierten wir die Konversation mit Sprachübungen. Das Niveau der TeilnehmerInnen variierte zwischen A1 und B2, worauf wir bei der Unterrichtsplanung Rücksicht nahmen, um wirkliche allen TeilnehmerInnen einen guten Unterricht zu bieten.

Aus unserer Sicht wurde der Kurs von den TeilnehmerInnen insgesamt sehr gut aufgenommen, die Atmosphäre war durchweg freundschaftlich und das Miteinander von Schwulen und Lesben aus aller Welt absolut harmonisch. Die TeilnehmerInnen haben sich sehr gefreut, Kontakte knüpfen zu können mit Leuten, die ähnliche Erfahrungen haben wie sie. Schnell wurden private Kontakte geknüpft und Verabredungen getroffen, nach dem Kurs ging es meist zusammen ins Sub. Ein „harter Kern“ war immer da, andere konnten nur einmal die Woche oder sporadisch kommen. Es kamen auch immer neue TeilnehmerInnen hinzu, die relativ schnell Anschluss an die Gruppe fanden.

Uns LehrerInnen hat der Kurs unglaublich viel Spaß gemacht, da alle TeilnehmerInnen sehr motiviert waren, Deutsch zu lernen. Sie haben sich stark eingebracht und den Kurs jeder auf ihre/seine Weise bereichert. Die Neugierde war riesengroß, auch ihr Interesse an Land, Leuten und der Szene. Wir machen gerne weiter!

Über die Jahre konnte ein Team von sechs qualifizierten Deutschlehrer:innen zusammengestellt werden, die selbst aus der LGBT*I*Q* Community kommen und zum Teil eigene Migrationserfahrungen haben.

 

Die Teilnehmer:innen der bisherigen Deutsch-Koversationskurse kamen aus aller Welt: Türkei, Brasilien, Uganda, Spanien, Kolumbien, Taiwan, Indien, England, Russland, Kroatien, Mazedonien, Südafrika, Marokko, Syrien, Rumänien, Ägypten, Hongkong, Honduras und Ukraine und aus den USA.