1986-1995: Die Gründungsgeschichte von LeTRa

Auch wenn 1995 das offizielle Startjahr von LeTRa ist, wurde bereits 1986 der Grundstock für das heutige LeTRa gelegt, als engagierte Münchner Lesben den Verein Lesbentelefon e.V. gründeten. Der Verein startete mit wenigen Telefonzeiten in den Räumen des Frauentherapiezentrums. Sein Ziel war laut Satzung „…lesbischen Frauen Möglichkeiten einer angstfreien Selbstfindung und Selbstakzeptierung zu geben.“ Geplant waren „a) die Einrichtung eines Telefons für Lesben, b) Einzelberatungen und c) Öffentlichkeitsarbeit.

In den folgenden Jahren arbeitete eine kleine Gruppe von Lesben des Vereins daran, eine Lesbenberatungsstelle in München einzurichten.
Im November 1993 konnte der Lesbentelefon e.V. mit Hilfe einer Förderung durch die Landeshauptstadt München zur Eröffnung der Lesbeninformation und Beratung (LIB) in der Dreimühlenstraße einladen.

Unter bescheidenen finanziellen und räumlichen Rahmenbedingungen – die Beratungsstelle war in einem Hinterhof-Büro in der Dreimühlenstraße untergebracht – wurden telefonische und persönliche Beratung und Veranstaltungen durch zwei Sozialpädagoginnen angeboten. Nachdem ein Teil der Förderung 1995 endete, konnte mit der verbleibenden halben Stelle die Arbeit der LIB nicht auf dem bisherigen Niveau fortgesetzt werden und die LIB musste schließen.

1994: Die Demo zur Erhaltung der LIB

Diana Horn-Greif erzählt: „Die LIB hatte damals eine Festangestellte, Andrea Bergmann, und eine ABM-Stelle, die dann aber ausgelaufen und nicht erneuert wurde. Es war klar, dass die vielfältigen Anforderungen, die an die LIB gestellt wurden, mit nur einer Angestellten nicht erfüllbar waren und somit drohte die Schließung der LIB.

Kerstin (Greif) hatte damals regelmäßig an den offenen Treffen teilgenommen und als an einem der Abende die anstehende Schließung thematisiert wurde, hatte sie die Idee, eine Demo zu veranstalten. Diese sollte für den Erhalt der LIB sein und zeigen, wie wichtig die LIB für Lesben in München ist.

Kerstin war damals in verschiedenen politischen Kontexten aktiv, hatte bereits Erfahrung mit der Organisation politischer Events und hat sich deshalb als Veranstalterin dieser Demo bereitgestellt. Sieben weitere Frauen und ich wollten ebenfalls unbedingt dabei mitarbeiten und so hat sich damals der Kreis an Lesben gefunden und kennengelernt, der zunächst die LIB-Demo organisiert hat und dann 1995 LeTRa gründen sollte. Aus diesem bunt gemischten Haufen entstanden Freundschaften und Beziehungen, die teilweise bis zum heutigen Tag anhalten, und bemerkenswert finde ich auch, dass immerhin noch drei der ursprünglichen LeTRa-Gründerinnen dabei sind, nämlich Sibyll (Gomolka) sowie Kerstin (Greif) als Ehrenamtliche und ich als Hauptamtliche.

Obwohl die Demo im November stattfand, war es ein schöner sonniger Tag und viele tolle Menschen nahmen an der Demo teil und zeigten sich so solidarisch mit der LIB.

Auf dem Foto sieht man als Unterstützerinnen Frauen aus der Nümfe, eine damalige Frauenkneipen, die ein beliebter Treffpunkt für Lesben war und in der klasse Veranstaltungen stattgefunden haben, wie z.B. die legendären Bad-Taste-Partys.

Auch Thomas Niederbühl hat einen Redebeitrag gehalten. Die Rosa Liste hat schon damals die Demo supported und sich auch später dafür eingesetzt, dass LeTRa städtische Förderungen bekommen hat.

 

Bei der Demo sind nicht nur Lesben mitgelaufen, sondern es war ein bunter Haufen aus feministischen Heteras, solidarischen Heteros und Schwulen sowie linken Gruppen.

 

Total toll finde ich auch das Bild des LIB-Infostandes, weil es einfach der sympathische Prototyp eines typischen individuellen 90ger-Jahre-Standes war und nicht wie heute einer dieser durchgestylten, bedruckten Pavillons ist.

 

Seht weiter unten die komplette Bildergalerie der LIB Demo

 

Übernahme der LIB-Räume und Start von LeTRa

Die Organisationsgruppe der LIB-Demo war dann tatsächlich auch die Gruppe, mit der es dann weiter Richtung LeTRa-Gründung ging. Neun junge Lesben übernahmen im November 1995 den Raum in der Dreimühlenstraße und den Verein Lesbentelefon e.V. Sowohl der Raum als auch der Verein sollten erhalten bleiben.

In der drauf folgenden Zeit boten die LeTRa-Gründungsfrauen zunächst ehrenamtlich einen wöchentlichen Telefondienst, Öffentlichkeitsarbeit (z.B. Infostände und Selbstdarstellungsbroschüre), einen monatlichen offenen Treff (Lesbenladen) und Infoabend (Lesbothek) an. Der dauerhafte Erhalt dieses Lesben-Raumes als Anlaufstelle war damals der Traum der aktiven Vereinsfrauen und so gründeten sie die Lesbenberatungsstelle mit dem Namen „LeTRa LesbenTRaum. In dieser intensiven Phase des Lesbentelefons e.V. entstanden auch die basisdemokratischen und hierarchiefreien Organisationsstrukturen des Vereins. Ein monatlich stattfindendes, stimmlich gleichberechtigtes Plenum, bestehend aus den aktiven Vereinsfrauen, den hauptamtlichen Angestellten und den Vorständ:innen des Lesbentelefon e.V., begleitete verantwortlich die Vereinsarbeit und die Maßnahmen des Vereins

Das 1996 gewählte rot-grün-rosa Regierungsbündnis, das erstmals der schwul-lesbischen Wähler:inneninitiative Rosa Liste ein Stadtratsmandat und Regierungsbeteiligung bescherte, machte städtische Lesbenförderung zum wichtigen Tagesordnungspunkt. Ab sofort wurden Belange von lesbischen Münchnerinnen (und schwulen Münchnern) ernst genommen und die lesbisch-schwulen Szene hatte in Form ihres gewählten Stadtratvertreters Thomas Niederbühl ein wichtiges Wörtchen in Haushaltsdingen mitzureden. Fördergelder für LeTRa wurden beantragt und nach deren Bewilligung konnte mit Charlotte Gareis eine Sozialpädagogin in Teilzeit für LeTRa angestellt werden.

Anfang 1997 kam bereits Ulrike Mößbauer, heute in der Koordinierungsstelle für die Gleichstellung von LGBTIQ*, als zweite Sozialpädagogin dazu. Das Angebot der Lesbenberatungsstelle konnte mit psychosozialer telefonischer und persönlicher Einzel- und Paarberatung, Coming-Out-Gruppen und monatlichen Veranstaltungen wieder professionalisiert und sogar ausgebaut werden. Anfang 1999 wurde eine dritte Stelle für Öffentlichkeitsarbeit geschaffen, die von Martina Weiland besetzt wurde. Den nächsten Etappenerfolg konnte LeTRa 2000 verbuchen: Den Umzug mitten ins schwul-lesbische Viertel in die Angertorstraße unweit des Sendlinger Tors – und nur einen Steinwurf entfernt von den Kollegen und Kolleginnen des schwulen Zentrums Sub und heute auch der Koordinierungsstelle zur Gleichstellung von LGBTIQ*.